Viele Entwicklungen in Technik und Gesellschaft berühren unseren ethischen Grundnerv: weil sie uns vor die Frage stellen, wer wir Menschen eigentlich sind, was uns ausmacht im Vergleich zu den Maschinen. Was wollen wir von der Digitalität? Wie wollen wir künftig leben? – Diese Fragen brachten Rieke Harmsen und Christine Ulrich vor mehr als zwei Jahren mit mir zusammen zum Konzept des Sonntagsblatt-Podcasts "Ethik Digital".
Auf dem Kirchentag in Nürnberg hatten wir bei einem Workshop Gelegenheit, live auf den eigenen Podcast zu schauen. Daraus ist eine eigene Folge "Making Of" entstanden, in der ich die beiden Redakteurinnen des Sonntagsblatts befrage, was rund um den Podcast von Interesse ist. Die Interviewerinnen der Podcast-Folgen finden sich in dem knapp halbstündigen Gespräch also einmal auf der anderen Seite der Interviewten wieder. Dabei hatte ich Gelegenheit, nicht nur nach den Erfolgsfaktoren eines Podcasts zu fragen und für die Zuhörer*innen ganz praktische Tipps zum Produzieren eines eigenen Podcasts in Erfahrung zu bringen. Sondern wir konnten auch inhaltlich die bisher erschienenen fünfzehn Folgen Revue passieren lassen.
Besonders interessant fand ich, wie das Gesprächsformat des Podcasts im Rückblick auf die bisherigen Folgen von den Interviewerinnen als Feld für die ethische Reflexion gesehen wird. In den Worten von Rieke Harmsen:
Warum ich diese Gespräche gerne führe, ist die Auseinandersetzung mit dem Menschen. Wir nehmen uns Zeit, mit diesen Personen gemeinsam über etwas nachzudenken, nachzuhaken, noch mal ein Widerwort zu geben, einen anderen Aspekt zu sehen. Viele haben sich in dem Gespräch geöffnet, und das geschieht nur, wenn man sich Zeit nimmt. Dann scheint die eigene Haltung durch und die Anschauung, und das ist ein Faszinosum.
Im Dialog werden so auch die ethischen Fragen nachvollziehbar, die in, mit und unter den technischen Entwicklungen im Digitalen bewegen. Christine Ulrich beschreibt das so:
Wir wollen die ethischen Spannungsfelder ausloten, also wo geht es um Werte, um moralische Normen, um uns als Menschen, um unsere Vorstellungen von einem guten Leben.
Und im Gespräch wollen wir auch die Unterschiede: also eine Person sprechen, die überzeugt davon ist, was ethisch ist, ist automatisch gut und richtig, oder jemand, der Ethik betreibt, indem er erst mal abwägt und schaut, was da ist, und dann Fragen stellt und nicht gleich die Antworten in den Raum stellt.
Spannend war auch, dass wir unsere "Making Of"-Folge live vor Ort in Fürth mit Live-Publikum hatten. Der Podcast selbst entstand ja in der Corona-Zeit und hat dadurch ein Format, das von vornherein auf digitaler Technik beruht. Ein Zoom-Gespräch bietet hier mehr als ein bloßes Telefoninterview - aber dennoch hat ein Live-Gespräch noch einmal andere Qualitäten. "Man merkt schon, wenn man sich (via Zoom) nicht wirklich in die Augen schauen kann." (Chr. Ulrich) Auf der anderen Seite vermag die Technik richtig eingesetzt sehr wohl gerade die menschliche Stimme in hoher Qualität zu übertragen.
Unser Rückblick brachte noch einen anderen wichtigen Unterschied ans Licht: Im Vordergrund des Podcasts steht das journalistische Interesse, allgemeinverständlich zu informieren - und dabei einen Überblick zu geben. Grundfragen und nicht Detail-Wissen sollen im Mittelpunkt stehen. Die selbst auch in Philosophie und Ethik wissenschaftlich engagierte Christine Ulrich formulierte diesen Unterschied folgendermaßen:
Bei einigen Gesprächen … hätte ich viele Sachen noch genauer wissen wollen. Und dann muss man aber an das Format denken und die anderen Fragen auch noch stellen.
Dem entsprechend bieten die bisherigen Folgen des Podcasts einen Überblick zu zentralen Themen digitaler Ethik: Von Fragen autonomer Waffensystem über Smart Cities und Fake News bis hin zum Schutz von Kindern im Netz. Sie dürfen gespannt sein, welche Themen die im Herbst beginnende neue Staffel aufgreifen wird!
Die Kanäle, auf denen Sie den Podcast zum Hören abonnieren können, finden Sie hier im Überblick.
Zum Sehen gibt es die Gespräche hier auf YouTube.
Wer lieber nachliest, wird hier fündig hier auf sonntagsblatt.de.