Unter diesem Titel beschäftigte sich der Deutsche Ethikrat bei seiner Jahrestagung am 27. Juni mit den ethischen Herausforderungen der Technisierung der Pflege. Dabei wurden die die komplexen ethischen Fragen in den Blick genommen, die der Einsatz von Robotertechnologien in der Pflege, v.a. der Altenpflege aufwirft. Mit den Worten des Ethikratsvorsitzenden Peter Dabrock geht es darum, ob und wie die beiden gesellschaftlichen Megatrends, alternde Gesellschaft und Digitalisierung, zusammen kommen können. In zahlreichen Vorträgen und Foren wurde gefragt, welche Potenziale und Herausforderungen sich im Umgang mit neuen assistiven Systemen für die verschiedenen Zielgruppen in der Pflege ergeben. Ein paar Eindrücke aus den Diskussionen, wie sie im Livestream der Veranstaltung zu verfolgen waren:
Der Heidelberger Altersforscher Hans-Werner Wahl wies darauf hin, dass eine Technologie desto eher Macht über den Menschen gewinnt, je weniger verständlich sie ist und plädierte deshalb im Blick auf den Einsatz von Robotertechnologien bei alten Menschen für eine bewusste Verlangsamung. Heidrun Mollenkopf von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen schlug vor, zwischen Technologien zu unterscheiden, die dabei helfen sollen das Alter zu verschleiern oder die einem dabei helfen, man selbst zu sein. Überhaupt stand die Würde des Alterns im Mittelpunkt der Überlegungen.
Dies machte eindrücklich die Schlussrunde der Diskussion deutlich. Andreas Kruse, Leiter des Heidelberger Instituts für Gerontologie und Mitglied des Ethikrats, plädierte engagiert dafür, dass für den Einsatz von assistiven Technologien der jeweilige "Humankontext" entscheidend sei. Auf keinen Fall dürften Roboter in der Pflege zum Einsatz kommen, weil Fachkräfte fehlen. Wohl aber könne digitale Technik die Pflege bereichern, zum Beispiel in Form von Exoskeletten, also der Unterstützung von muskulären Funktionen. Auch dabei warnte Kruse allerdings vor dem Kurzschluss, dass Technik die menschliche Pflegeleistung ersetzen könnte: Wer das holistische Moment in der Pflege ernst nehme, wisse um die Bedeutung der Berührung, wie sie etwa beim Umlagern dazu gehört. Eine Maschine könne dieses Moment nicht ersetzen.
Regina Ammicht Quinn, Sprecherin des Zentrums für Ethik in den Wissenschaften der Universität Tübingen, wies auf die gerade in der Pflege anzutreffende paradoxe Situation hin, in der Roboter trainiert werden, um möglichst menschenähnlich aufzutreten, während Menschen abverlangt wird, möglichst roboterähnlich zu arbeiten. Skeptisch äußerte sie sich auch zu der These, dass neue Technologien dem Menschen mehr Zeit für die genuin menschlichen Aufgaben eröffne: Die Technikgeschichte habe diese Prognose nicht bestätigt.
Was durch den Einsatz von Robotik in der Pflege der Gesellschaft nicht passieren dürfe, unterstrich in der Schlussdiskussion auch der Oldenburger Medizinethiker Mark Schweda: das "vierte Lebensalter" der Hochbetagten dürfe auf keinen Fall durch die technische Entwicklung noch mehr an den Rand der Gesellschaft abgeschoben werden, als dies bereits jetzt der Fall sei, entscheidend sei deshalb, nicht vorschnellen Werbeversprechen auf den Leim zu gehen, sondern die Technik vielmehr menschenfreundlich zu gestalten und zu nutzen.
Mehrere anschauliche Beispiele, wie das geschehen kann, zeigte bei der Jahrestagung des Ethikrates der begleitende Praxisparcours “Robotik in der Altenpflege”. Die vorgestellten Beispiele sind nachzulesen in der online verfügbaren Tagungsmappe.