Sprechende Medizin und intelligente Maschinen

Robotergesicht mit Mütze
Bildrechte © navel robotics

Die Frage des Verhältnisses von Mensch und Technik begleitet die Medizin im Grunde seit ihren Ursprüngen. Der medizintechnische Fortschritt, besonders jedoch die neuen Entwicklungen im Bereich der sogenannten Künstlichen Intelligenz, bringen neue Brisanz in die Frage: Kann Technik heilsame Beziehungen stiften?

Mit dieser Frage befasst sich das diesjährige Medizin-Theologie-Symposium, zu dem die Evangelische Akademie Tutzing und die Fachstelle für Ethik und Anthropologie der ELKB gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Erlangen vom 4. bis 6. Oktober ins Wildbad nach Rothenburg ob der Tauber einladen.

Ausgehend von dem biblischen Satz des Hauptmanns zu Kapernaum "Sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund" (Mt 8,8) schreiben die Veranstalter zu ihrer Tagung:

 

Ein heilsames Wort Jesu und der Glaube des Hauptmanns genügen: Auf wundersame Weise wird der Knecht des Hauptmanns gesund. 2000 Jahre später haben sich Glaube und Naturwissenschaft differenziert, Theologie und Medizin professionalisiert. Wundersame Fernheilungen obskurer Wanderprediger lassen uns heute misstrauisch werden.
 


Und doch setzt sich eine Erfahrung seit den biblischen Heilungsgeschichten fort: Worte wirken. Es ist gut belegt, dass eine offene, vertrauensvolle Kommunikation die medizinische Heilung unterstützt. Die psychotherapeutische Gesprächstherapie vertraut sogar ganz auf die Wirkung der zwischenmenschlichen Kommunikation. Nicht zuletzt setzt die moderne Seelsorge auf die Kraft des gesprochenen und zugesprochenen Wortes: Und es wirkt. Diese Erkenntnis verbindet somatische Medizin, Psychotherapie und Theologie.



„Sprechende Medizin“ gilt als Gegenentwurf zu einer übertechnisierten, überteuerten und unpersönlichen „Apparatemedizin“. Sie steht für die Sehnsucht nach einer kommunikativen Beziehung zwischen Behandelnden und Behandelten, jenseits von Kosten- und Zeitdruck. Patientinnen und Patienten werden mit ihrer ganzen Persönlichkeit, Krankheits- und Lebensgeschichte wahrgenommen und angesprochen – und nicht nur als Kostenstellen in einem Behandlungsplan abgerechnet, um teure Geräte zu refinanzieren.



Und nun lernen die Apparate selbst das Sprechen! Künstliche Intelligenz kommuniziert mit uns! Die großen generativen Sprachmodelle wie ChatGPT haben einen kaum geahnten Entwicklungsschub erfahren. Dazu macht die Robotik immer weitere Fortschritte. Navel, den Sie im Titelbild zwinkern sehen, ist einer der ersten Roboter, der ausgefeilte Robotik mit leistungsfähiger KI kombiniert. Ist unsere Ärztin bald ein Roboter? Stellt bald ein Chatbot die Erstdiagnose? Ist unsere Seelsorgerin bald eine KI? Unsere Therapeutin eine DIGA, eine „digitale Gesundheitsanwendung“? Über all dem schwebt die Frage: Kann Technik heilsame Beziehungen stiften?



Das haben wir auch ChatGPT gefragt. Es antwortet – nach der üblichen, abwägenden Auflistung von Chancen und Problemen: Zusammengefasst kann Technologie eine wertvolle Unterstützung für heilsame Beziehungen bieten, insbesondere durch verbesserte Kommunikation und Zugang zu Ressourcen. Sie sollte jedoch als Ergänzung und nicht als Ersatz für persönliche, direkte menschliche Interaktionen gesehen werden.



Ist damit alles gesagt? Wir wollen die Deutungshoheit nicht den Maschinen überlassen und laden Sie ein, über „Sprechende Medizin und intelligente Maschinen“ ins Gespräch zu kommen!

 

Dr. theol. Hendrik Meyer-Magister
stellvertretender Direktor und Studienleiter für Gesundheit, Künstliche Intelligenz, Spiritualität und Spiritual Care, Evangelische Akademie Tutzing
Prof. Dr. theol. Arne Manzeschke
Professor für Ethik und Anthropologie sowie Leiter des Instituts für Pflegeforschung, Gerontologie und Ethik der Evangelischen Hochschule Nürnberg; Leiter der Fachstelle für Ethik und Anthropologie der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Nürnberg
Prof. Dr. med. Andreas Mackensen
Ärztlicher Direktor der Medizinischen Klinik 5 Hämatologie & Internistische Onkologie, Universitätsklinikum Erlangen

Anmeldemöglichkeit und alle weiteren Informationen finden Sie hier.