Heute morgen habe ich mir wieder einmal die Mühe gemacht, bei Facebook und Google meine Privatsphäre-Einstellungen durchzusehen. Google wirbt ja fast jeden Tag in den Zeitungen dafür - und Facebook hat diese Woche die Funktion "Off-Facebook-Acitivity" (OFA) hinzugefügt. Mit ihr lässt sich einsehen, welche anderen Webseiten oder Apps ihrerseits an Facebook Informationen über die Aktivitäten des Nutzers übermitteln.
Um bei Letzterem zu beginnen: Nach aller Berichterstattung zu dem neuen Facebook-Feature erwartete ich, eine lange Liste von Seiten zu sehen (vgl. Süddeutsche sowie Frankfurter Allgemeine). Zu meiner Überraschung waren es jedoch lediglich drei andere Webseiten, die jeweils ein Mal Infos an Facebook weitergegeben hatten, eine davon war mir nicht bekannt. Ich vermute, dass die kleine Zahl mit meiner überaus spärlichen Facebook-Nutzung zusammen hängt. Mit einem weiteren Klick konnte ich für die Zukunft die Verknüpfung mit meinem eigenen Konto entfernen. Vielleicht sollte ich ja Facebook mal wieder häufiger nutzen, um den Gegencheck zu machen!
Allerdings zeigt die von Marc Zuckerberg seit langem angekündigte OFA-Funktion keineswegs eine komplette Liste der Verknüpfungen von Informationen externer Seiten zu Facebook. Es handelt sich lediglich um die Einträge aus dem vergangenen Halbjahr. Was davor war, bleibt im Dunkeln. Wie überhaupt die ganze Funktion - wie letztlich alle "Privatsphäre"-Aktionen von Facebook – der Augenwischerei bei den Nutzer*innen dient: Facebook baut damit eine Oberfläche scheinbarer Transparenz und Kontrolle, aber unter dieser Oberfläche bleiben die Daten bei Facebook - und selbstverständlich sammelt Facebook diese Daten auch in Zukunft - es verknüpft sie halt nur an der Oberfläche nicht mit meinem Konto. Die Electronic Frontier Foundation, eine Bürgerrechtsorganisation aus den USA merkt dazu an: "Dieses Werkzeug deckt nicht ansatzweise all die Mittel und Wege ab, mit denen Facebook Daten sammelt und zu Geld macht" (nach SZ).
Nicht wesentlich anders wird das Bild beim Blick auf Google. Der Einladung in der Google-Werbung in der heutigen Samstagszeitung folgend rufe ich meinen Google-Account auf und prüfe die Einstellungen zur "Privatsphäre". Beruhigt stelle ich fest, dass ich meine Einstellungen hier ohnehin sehr restriktiv gehalten habe. Lediglich die Speicherung der Standorte und die der You-Tube-Historie sind aktiviert. Die erstere deaktiviere ich heute, nachdem ich sehe, wie umfangreich über Jahre hinweg die Geschichte der Orte ist, die Google mit meinem Account verknüpft hat.
Auch wenn sich das ganze Thema bei Google ernsthafter als bei Facebook anfühlt: so richtig beruhigt verlasse ich den "Privatsphärencheck" nicht. Denn natürlich weist auch Google auf seinen Seiten irgendwo im Fließtext darauf hin, dass auch bei deaktivierten Einstellungen zum Standort oder zur Webseitenverknüpfung eventuell dennoch Daten "in anderen Einstellungen" gespeichert werden.
Seit dem vergangenen Frühjahr greift die New York Times in ihrem "Privacy Project" immer wieder die Thematik des Umgangs mit Daten auf. Vor einer Woche veröffentlichte Soshana Zuboff dort einen Beitrag "You are Now Remotely Controlled". Wer im vergangenen Jahr nicht dazu kam, ihr famoses Buch "Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus" zu lesen, findet hier eine gute Zusammenfassung.
Zuboffs These ist, dass wir inzwischen unter einer sich ständig steigernden Ungleichheit des Wissens leiden: Eine Technologie, die sich anschickte, das Wissen noch mehr zu demokratisieren, als es die Ära des Buchdrucks vermocht hatte, ist im Begriff, uns zu einem Zustand vor Gutenberg zurückzuführen, in dem das Wissen sozial extrem ungleich verteilt war:
"Unequal knowledge about us produces unequal power over us, and so epistemic inequality widens to include the distance between what we can do and what can be done to us."
Handeln und Verhalten werden von bestimmt, wir werden ferngesteuert. Was an dieser Stelle Not tut, ist, das Private heute als öffentliches Interesse einzufordern. Privatsphäre-Einstellungen sind dazu gewiss noch nicht der entscheidende Schritt, aber vielleicht ein Schritt, sich mit der Thematik weiter zu befassen!
Zum Schluss noch ein Hinweis auf einen weiteren Artikel der New York Times: George Soros hat dort gestern, am 31. Januar, mit dem Hinweis auf die anstehende US-Wahl einen weiteren Zusammenhang zwischen Facebook und Demokratie(gefährdung) gezogen: